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Von: Andreas Menger, 30.04.10

BGH: Lebensversicherungen sind mit dem Rückkaufswert bei der Pflichtteilsergänzung zu berücksichtigen

Mit Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28.04.2010 (Az. IV ZR 230/08) ist entschieden, das Lebensversicherungen mit dem sogenannten Rückkaufswert bei der Berechnung von Pflichtteilergänzungsansprüchen zu bewerten sind.

Wenn ein Erblasser seine nächsten Angehörigen ganz oder teilweise vom Erbe ausschließt oder deren Anteil am Nachlass durch Schenkungen zu Lebzeiten erheblich beeinträchtigt, können diese Angehörigen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gelten machen. Als Pflichtteilsberechtigte kommen zunächst die Kinder und Ehegatten des Erblassers in Betracht, unter besonderen Umständen auch Enkel oder Urenkel bzw. die Eltern des Erblassers.

Der Pflichtteilsanspruch errechnet sich aus dem Wert des vorhandenen Nachlasses und der Erbquote des Pflichtteilsberechtigten.

Hat der Erblasser zu Lebzeiten Vermögen verschenkt, hilft der reine Pflichtteilsanspruch nicht weiter. Das verschenkte Vermögen befindet sich nicht mehr Nachlass und wird deshalb auch bei der Pflichtteilsberechnung nicht berücksichtigt.

In diesen Fällen kommt ein sogenannter Pflichtteilsergänzungsanspruch in Betracht. Das Verschenkte wird dem vorhandenen Nachlass fiktiv hinzugerechnet und aus dem so erhöhten Nachlasswert wird wieder der Pflichtteil errechnet. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem ursprünglichen Pflichtteil und dem fiktiv höher errechneten Pflichtteil wird als Pflichtteilsergänzung bezeichnet.

Strittig war in diesem Zusammenhang die Bewertung von Lebensversicherungen, wenn für den Todesfall des Erblassers ein Begünstigter benannt war. Die Zahlung der Versicherung an den Begünstigten fällt nicht in den Nachlass. Gleichzeitig ist es eine Art Schenkung, denn der Erblasser hat im Regelfall den Anspruch aus der Versicherung mit der Zahlung von Versicherungsprämien erworben.

Ein Teil der Literatur und Rechtsprechung vertrat bei Berechnung der Pflichtteilergänzung die Auffassung, dass es auf den Gesamtbetrag der vom Erblasser gezahlten Versicherungsprämien ankomme. Diese sollten ganz oder teilweise dem Nachlass zugerechnet werden. Zum anderen wurde die Meinung vertreten, dass die Zahlung der Versicherung an den Begünstigten dem Nachlass hinzugerechnet werden müsse.

Der für das Erbrecht zuständige 4. Senat des Bundesgerichtshofs hat jetzt dazu klargestellt, dass es auf den Rückkaufswert der Versicherung im Zeitpunkt des Erbfalls ankommt. Der Rückkaufswert entspricht dem Zahlbetrag, der bei einer Kündigung der Lebensversicherung von der Versicherungsgesellschaft an den Versicherten zurück erstattet wird. Die eingezahlten Versicherungsprämien werden mit dabei mit Abschlussgebühren und sonstigen Leistungen der Versicherungsgesellschaft verrechnet.

Wenn für die bestehende Versicherung nachweislich ein höherer Verkaufserlös als der Rückkaufswert erzielt werden kann, soll dieser Verkaufserlös für die Berechnung des Pflichtteilergänzungsanspruchs maßgeblich sein.