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Von: RA Menger, 17.07.12

Das Bundesverfassungsgericht hat am 18.06.2012 über die Zurechnung fiktiver Einkünfte im Unterhaltsrecht entschieden.

Nach der Auffassung des höchsten deutschen Gerichts haben die Familiengerichte zukünftig konkrete Einzelfallprüfungen vorzunehmen und genau darzulegen, welche Erwerbseinkünfte ein Unterhaltsschuldner aufgrund seiner persönlichen Umstände tatsächlich erzielen könnte.

Das Bundesverfassungsgericht hat drei Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf, Rostock und Köln zur Frage der Zurechnung fiktiver Einkünfte wegen Verstoßes gegen Grundrechte aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an die Oberlandesgerichte zurück verwiesen.

In den genannten Verfahren waren den Beschwerdeführern jeweils fiktive Einkünfte zugerechnet worden. Sie wurden als Folge der Zurechnung dieser fiktiven Einkünfte zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet.

Nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts hatten die Familiengerichte dabei nicht ausreichend konkret geprüft, ob die Beschwerdeführer tatsächlich in der Lage waren, entsprechende Erwerbseinkünfte zu erzielen. Das Bundesverfassungsgericht sah darin eine Verletzung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit aus Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes und hat die Entscheidungen aufgehoben.

In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht die Anforderungen an die Prüfungspflicht im Einzelnen bestimmt. Es hat zunächst die konkrete Feststellungen zu der Frage verlangt, ob der Unterhaltsverpflichtete sich ausreichend um den Erhalt einer Arbeitsstelle beworben hatte, obwohl ihm das möglich und zumutbar war. Des weiteren sollen ein konkrete Prüfung und Darstellung zu der Frage erforderlich sein, welche Erwerbseinkünfte ein Unterhaltsschuldner entsprechend seiner beruflichen Ausbildung, seines Alters und seiner krankheitsbedingten Einschränkungen sowie der tatsächlichen Gegebenheiten auf den Arbeitsmarkt erzielen könnte. Die von den Gerichten angestellte pauschale Behauptung, ein ungelernter Arbeiter könne einen bestimmten Stundenlohn erwirtschaften, hat das Bundesverfassungsgericht als nicht ausreichend erachtet.

Die Familiengerichte werden damit zukünftig im Einzelnen zu prüfen haben, welche tatsächlichen Chancen ein Unterhaltsschuldner auf dem Arbeitsmarkt hat.