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Von: RA Menger, 22.02.11

Das Bundesverfassungsgericht stärkt die Rechte geschiedener Ehefrauen auf nachehelichen Unterhalt

Das Bundesverfassungsgericht hat am 25.01.2011, Az. 1 BvR 918/10, die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur sog. Dreiteilungsmethode bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts als verfassungswidrig eingestuft

Der für Familiensachen zuständige 12. Senat des Bundesgerichtshofs hatte die "Dreiteilungsmethode" bei der Unterhaltsberechnung für Fälle entwickelt, bei denen ein Ehegatte zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt an den geschiedenen Ehegatten verpflichtet ist und sich erneut verheiratet. In der Praxis sind davon fast ausschließlich Männer betroffen, die sich neu verheiraten und zugleich einer geschiedenen Ehefrau Unterhalt zahlen müssen.

Die Höhe des Unterhalts für die geschiedene Ehefrau hat sich nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich an dem Lebensstandard zu orientieren, der während ihrer Ehe bestanden hat. Von dieser Linie war der Bundesgerichtshof mit seiner Grundsatzentscheidung vom 30.07.2008 abgewichen. Er hatte entschieden, dass für den Unterhalt des geschiedenen Ehegatten auch die Einkommens- und Lebensverhältnisse des neuen Ehepartners berücksichtigt werden müssen. Im Ergebnis werden die Einkommensverhältnisse aller drei Beteiligten ermittelt, addiert und wieder durch drei geteilt. Der errechnete Durchschnitt soll maßgeblich für den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten sein.

Allerdings in der Höhe begrenzt. Wenn der neue Ehepartner über sehr gute Einkünfte verfügt, soll der geschiedene Ehegatte daran nicht teilhaben. Sein Unterhaltsanspruch sollte nach den Vorstellungen des Bundesgerichtshofs immer auf die Verhältnisse der früheren Ehe beschränkt bleiben.

Das ist vom Bundesverfassungsgericht als Verletzung der Grundrechte von geschiedenen Ehegatten bewertet worden.

Durch die Anwendung der Dreiteilungsmethode waren fast ausschließlich geschiedene Ehefrauen benachteiligt worden. Wenn der zur Zahlung von Unterhalt verpflichtete geschiedene Ehemann erneut geheiratet hatte und die neue Ehefrau gar nicht, nur in Teilzeit oder nur mit geringem Einkommen erwerbstätig war, verringerte sich rechnerisch immer der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau. Die mehr oder weniger gleichen finanziellen Mittel wurden auf drei Berechtigte verteilt.

Die wirtschaftliche Situation des geschiedenen Ehegatte konnte sich also immer nur verschlechtern - niemals verbessern. Denn an einem Zuwachs von wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit durch den neuen Ehepartner sollte keine Teilhabe möglich sein.

Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jetzt als verfassungswidrig abgeschafft worden. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesgerichtshof zu seiner Rechtsprechung vor dem 30.07.2008 zurückkehrt oder eine neue Lösung findet, wie und an wen begrenzte  wirtschaftliche Mittel zu verteilen sind. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sollte es jedenfalls nicht wieder zu einer Benachteiligung der geschiedenen Ehegatten kommen.