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Von: RA Menger, 20.06.12

Der Bundesgerichtshof ändert seine Rechtsprechung zum Pflichtteilergänzungsanspruch.

Auch im Zeitpunkt einer Schenkung noch ungeborene Pflichtteilsberechtigte können Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen.

Mit seiner Entscheidung vom 23.05.2012, Aktenzeichen IV ZR 250/11, hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtssprechung zum Pflichtteilergänzungsanspruch geändert. Bislang hatte der Bundesgerichtshof die Rechtsauffassung vertreten, dass bei einer lebzeitigen Schenkung des Erblasseres nur diejenigen Pflichtteilsberechtigten eine Ergänzung ihres Pflichtteils um den Wert der Schenkung verlangen könnten, die im Zeitpunkt der Schenkung bereits geboren waren. 

Diese Einschränkung soll zukünftig nicht mehr gelten.

Der Bundesgerichtshof begründet die Änderung seiner Rechtssprechung mit der Zielsetzung des Gesetzgebers, den nächsten Angehörigen durch das Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsrecht eine wirtschaftliche Teilhabe am Nachlass zu garantieren. Entgegen der bisherigen Rechtsprechung sei es nicht bedeutsam, ob der Erblasser im Zeitpunkt der Schenkung von der Existenz eines Pflichtteilsberechtigten wusste. Eine Unterscheidung zwischen denjenigen Pflichtteilsberechtigten, die im Zeitpunkt der Schenkung bereits geboren waren oder nicht, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Zielvorgabe der wirtschaftlichen Sicherung von nahen Angehörigen dürfe nicht vom zufälligen Umstand des Zeitpunktes ihrer Geburt abhängig gemacht werden.